Vertriebsrecht: Handelsvertreter in Frankreich

Die Kanzlei berät und vertritt Handelsvertreter sowie Unternehmen, die für den Vertrieb ihrer Produkte in Frankreich Vertreter beauftragen. Unsere Leistungen sind insbesondere:

  • Gestaltung von Verträgen
  • Beratung zu allen Rechtsfragen, die mit dem Vertreterverhältnis zusammenhängen
  • Beratung und gerichtliche Vertretung bei Kündigung der Vertretung (Wahrung der Fristen, Entschädigungsansprüche, etc.)

Betreuende Anwälte im Vertriebsrecht sind:

Oliver Berg (Rechtsanwalt – Büro Paris)
Cédric Küchler (Rechtsanwalt – Büro Paris)
Dorothée Legoux (Rechtsanwältin – Büro Straßburg)

 

Recht der Handelsvertreter in Frankreich

Auch wenn die Ansprüche des Vertreters aufgrund der EU Richtlinie 86/653/CEE von 1986 europaweit harmonisiert wurden, womit diesem Mindestansprüche gewährt wurden, so bestehen doch gleichwohl noch nicht unerhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtssystemen. Gerade im französischen Recht zeigen sich Besonderheiten.

Kündigungsfristen

Dies gilt weniger für die Kündigungsfristen. Der französische Gesetzgeber hat die Richtlinie in dieser Hinsicht minimal und eins zu eins umgesetzt. Die Kündigungsfrist beträgt nach einem Jahr einen Monat, nach zwei Jahren zwei Monate und nach drei Jahren, und darüber hinaus, drei Monate. Die Möglichkeit, darüber hinauszugehen, welche die Richtlinie vorsieht, hat der französische Gesetzgeber nicht genutzt.

Schadensersatzansprüche

Anders liegt es hinsichtlich des Schadensersatzanspruches des Handelsvertreters bei Kündigung des Vertragsverhältnisses. Zwar besagt das Gesetz in Artikel 143-12 Abs. 2 des Code de Commerce schlicht, der Handelsvertreter habe bei Beendigung des Vertragsverhältnisses Anspruch auf Schadensersatz, womit zumindest im Text nicht über die Richtlinie hinausgegangen wird. Jedoch vertritt die Rechtsprechung eine weite Auslegung dieser Vorschrift.

Dies zeigt die Berechnung des Schadensersatzes. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Vertreter in Frankreich Anspruch auf zwei Jahre Kommissionen, er muss also so gestellt werden, als ob der Vertrag noch zwei Jahre lang gültig gewesen wäre. Als Grundlage für die Berechnung der jährlichen Kommission ziehen die Gerichte dabei zumeist den Durchschnitt der Kommission der letzten 3 Jahre heran.

Unwesentlich ist in diesem Zusammenhang – und hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu anderen Rechtssystemen –, ob der Handelsvertreter den Umsatz steigern konnte, oder ob er lediglich einen bereits vorhandenen Umsatz weiter verwaltet bzw. die Kundschaft gepflegt hat (Cass. com 4. Januar 2000, Nr. 96-22372). Entschädigt wird also nicht der Neukundenzugang, den der Vertreter erreichen konnte; diese Frage ist unerheblich. Vielmehr sehen die Gerichte in Frankreich den Schaden darin, dass der Vertreter Kommissionen, die er in Zukunft hätte einstreichen können, durch die Beendigung des Vertrages verliert.

Beachtlich ist zudem, dass in Frankreich einige Gerichte selbst demjenigen Vertreter 2 Jahre Kommissionen zugesprochen haben, der weniger als zwei Jahre für seinen Auftraggeber tätig war.

Eine vertragliche Begrenzung des Schadensersatzanspruches ist unwirksam. Es handelt sich nach ständiger Rechtsprechung um eine zwingende Vorschrift. Zulässig sind allein vertragliche Vereinbarungen, die eine darüber hinaus gehende Entschädigung vorsehen.

Kein Schadensersatz wird dagegen fällig, wenn die Beendigung des Vertrages auf grobes Verschulden des Handelsvertreters zurückgeht (L 134-13 des Code de Commerce). Dies ist etwa in solchen Fällen bejaht worden, in denen der Vertreter Kunden Lieferungen versprochen hatte, die gar nicht geleistet werden konnten, oder wenn er den Kunden höhere Abschläge gewährt hat, als zulässig war. Ebenso, wenn er „chronisch inaktiv“ war und kaum prospektiv tätig wurde. Unerheblich ist dagegen, ob er seine vertraglich festgelegten Ziele erreicht hat.

Rechtswahl bei Handelsvertreterverträgen

Fehlt es an einer Rechtswahl im Vertretervertrag, so unterliegt dieser dem Recht des Landes, mit dem er die engsten Beziehungen aufweist. Im Falle eines deutschen Unternehmens, das in Frankreich seine Produkte vertreiben lässt, wäre demnach das französische Recht anwendbar. Teilweise beraten Rechtsanwälte Vertriebsgesellschaften dahin gehend, dies durch Rechtswahlklauseln zu vermeiden, da in anderen Ländern bei Beendigung des Vertragsverhältnisses geringere Schadensersatzansprüche fällig werden.

Ob eine solche Rechtswahl letztlich durchsetzbar ist, könnte jedoch mittlerweile in Frage gestellt werden. In der Tat hat der Europäische Gerichtshof in einer Entscheidung von 2013 (EuGH 17. Oktober 2013, Nr. C-184/12, Unamar) im Handelsvertreterrecht entschieden, dass auch eine Vorschrift, die eine Umsetzung einer EU-Richtlinie darstellt, unter bestimmten Voraussetzungen als loi de police angesehen werden kann und somit zwingend Anwendung findet.

Bislang gehen die französischen Gerichte nicht davon aus, dass das Gesetz eine loi de police ist. Es lässt sich jedoch, in Anbetracht der EuGH-Entscheidung, nicht mit Sicherheit sagen, dass die Haltung der französischen Gerichte konstant bleibt. Jedenfalls steht nunmehr europarechtlich nichts dagegen, dass die Rechtswahl vor einem französischen Gericht letztlich für unwirksam erklärt wird. (OB – Rechtsanwalt Paris)

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