Arbeitsrecht – Covid-19: Einstellungsverhandlungen & Probezeiten

Welches sind die Auswirkungen der Covid-19-Epidemie und der bislang beschlossenen Sondervorschriften auf laufende Einstellungsverhandlungen und Probezeiten?

Laufende Einstellungsverhandlungen

Wenn die Einstellung noch in der Verhandlungsphase ist (d.h. dem Bewerber keine Zusage für eine Anstellung gegeben wurde), bleibt es dem Arbeitgeber frei, den Einstellungsprozess fortzusetzen oder nicht. Wenn der Arbeitgeber die Verhandlungen trotz der gegenwärtigen Umstände fortführen will, sollte er für Vorstellungsgespräche Fernkommunikationsmittel (Videokonferenzen) bevorzugen. Die physische Anwesenheit der Parteien muss unserer Meinung nach die Ausnahme bleiben.

Ein Stellenangebot (auch als „einseitiges Vertragsversprechen“ bezeichnet), das dem Kandidaten bereits unterbreitet wurde, ist für den Arbeitgeber bindend. Das Angebot kennzeichnet sich dadurch, dass es die wesentlichen Bestandteile des zukünftigen Arbeitsvertrages enthält (d.h. insbesondere: die Position, den Eintrittstermin, die Vergütung usw.). Mit anderen Worten: der Arbeitgeber kann nicht zurücktreten, wenn der Kandidat das Stellenangebot annimmt. Im Falle eines Rücktritts könnte der Arbeitgeber zur Entschädigung des Arbeitnehmers verurteilt werden.

In letzter Zeit unterscheiden die französischen Gerichte zwischen dem „einseitigen Vertragsversprechen“ (sog. „promesse unilatérale de contrat“) und dem „Vertragsangebot“ (sog. „offre de contrat“) (Cour de Cassation, Sozialkammer, 21.09.17, Nr. 16-20.103). Im Falle eines einseitigen Vertragsversprechens ist der Arbeitgeber von dem Moment an gebunden, in dem er dem Kandidaten das Arbeitsversprechen zusendet. Im Falle eines Angebots hat der Arbeitgeber dagegen die Möglichkeit, innerhalb der dem Kandidaten zur Verfügung stehenden Bedenkzeit zurückzutreten (außer im Falle eines missbräuchlichen Rückzugs durch den Arbeitgeber).

Falls der Kandidat kurz vor den Notstandsmaßnahmen der französischen Regierung eingestellt wurde, ist er als Mitarbeiter zu betrachten und muss als solcher behandelt werden. Dieser Mitarbeiter wird daher seine Aufgaben z.B. im Homeoffice erfüllen oder in Teilzeit arbeiten (sog. „activité partielle“). Die aktuelle Krisensituation ist dagegen kein gültiger Grund für die Kündigung des Arbeitsvertrages. Ebenso wäre eine Beendigung während der kaum begonnenen Probezeit verdächtig und würde im Falle eines Streits wahrscheinlich durch die Gerichte als missbräuchlich anerkannt werden. 

Die Probezeit

Wenn der Arbeitgeber in Kurzarbeit versetzt wurde (sog. „chomage partiel“), kann der Mitarbeiter auf Probe während dieses Zeitraums keine tatsächliche Arbeit mehr leisten. Während dieser Zeit gilt das Arbeitsverhältnis rechtlich als „ausgesetzt“ (sog. „suspension du contrat de travail“). Daraus folgt, dass die Probezeit entsprechend verschoben werden muss. Zudem kann der Arbeitgeber die Probezeit nicht beenden. In diesem Fall könnte der Mitarbeiter gegenüber seinem Arbeitgeber klagen und Schadensersatz verlangen.

Wenn der Mitarbeiter hingegen weiterhin im Unternehmen arbeitet (für die von der französischen Regierung genehmigten Sektoren), etwa als Homeoffice, läuft die Probezeit normal weiter. Der Arbeitsvertrag kann, falls erforderlich, während der Probezeit sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite gekündigt werden. Jede Partei muss dann die gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegte Kündigungsfrist (sog. „délai de prévenance“ oder „préavis d’essai“) einhalten, die in dem Unternehmen gelten kann.

Unser Team steht Ihnen bei Rückfragen gerne zur Verfügung.