Französische Regierung: Coronavirus ist höhere Gewalt im Sinne des Verwaltungsvertragsrechts

Der französische Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Lemaire hat in einer Pressemitteilung vom 28.02.2020 erklärt, dass die französische Regierung „den Coronavirus als Fall von höherer Gewalt behandelt“. Danach würden Unternehmen, die aufgrund des Virus „Verträge mit der Verwaltung nicht erfüllen können, keine Vertragsstrafen auferlegt bekommen“.

Der Begriff der höheren Gewalt (force majeure) wird in diesem Zusammenhang im deutschen Recht nicht verwendet. Die entsprechenden Fälle fallen unter Unmöglichkeit nach § 275 BGB (nicht dagegen unter den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB, denn bei force majeure kann objektiv nicht erfüllt werden).

In Frankreich ist damit klargestellt, dass der Coronavirus im Verwaltungsvertragsrecht Unmöglichkeit begründen kann. Dies hat der Staat, in seiner Qualität als Vertragspartei, noch vor gerichtlicher Klärung der Frage durch die Verwaltungsgerichte, zugestanden. Ob die gleiche Lösung in Frankreich auch im Privatrecht gemäß Artikel 1218 des Code civil gilt, der die Voraussetzungen der force majeure im allgemeinen Vertragsrecht definiert, ist gegenwärtig offen. Die Entscheidung liegt bei den Gerichten. In Anbetracht der Position der Regierung, ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Zivil- und Handelsgerichte die entsprechenden Fälle ähnlich bewertet. In Frankreich dürfte der Coronavirus demnach auch zwischen privatrechtlichen Vertragsparteien eine Entbindung von vertraglichen Pflichten begründen. Dies aber freilich nur, wenn der Schuldner den Kausalzusammenhang überzeugend darlegen kann.

(OB – Rechtsanwalt in Paris)