Schadensersatzobergrenze bei Kündigung : der Kassationsgerichtshof bestätigt die Macron-Gesetzgebung

Die Rechtsverordnungen vom 22. September 2017, bekannt als MACRON-Gesetz, hat das französische Arbeitsrecht grundlegend reformiert. Eine besonders wichtige Neuerung war die Einführung von Mindest- und Höchstsummen bei der Entschädigung im Falle einer sog. unbegründeten Kündigung (licenciment sans cause réelle et sérieuse). Danach sind die Gerichte an Entschädigungsspannen gebunden, die den Umfang der Belegschaft und die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers zum Maßstab nehmen (L. 1235-3 des Arbeitsrechtsgesetzbuches – Code du travail). Der Gesetzgeber hat damit eine Vorhersehbarkeit der Entschädigungszahlungen sicherstellen wollen, die vormals nicht gegeben war; tatsächlich lag die Festlegung der Höhe des Schadensersatzes allein im Ermessen der Arbeitsgerichte, die zudem idR ganz erhebliche Summen zusprachen.

Mehrere Arbeitsgerichte begehren jedoch gegen das Gesetz auf. So finden sich mittlerweile mehrere Urteile, in denen die Anwendung des Art. L1235-3 des Arbeitsrechtsgesetzbuches vom Gericht verweigert wurde. Begründung ist, dass die Vorschrift keine „angemessene“ Entschädigung oder „angemessene Wiedergutmachung“ im Sinne der Artikel 10 des ILO-Abkommens Nr. 158 und 24 der Europäischen Sozialcharta zulasse (z.B. CPH Troyes 13-12-2018, n° 18/00036; CPH Lyon 21-122018, n° 18/01238; CPH Montpellier 17-5-2019, n° 18/00152). So haben sich die Gerichte in der Bemessung des Schadensersatzes nicht an die Obergrenze gebunden gefühlt und höhere Summen zugesprochen.

Der französische Kassationsgerichtshof hat nunmehr – auf Antrag der Arbeitsgerichte Toulouse und Louviers – eine Stellungnahme abgegeben. Danach sei die Vorschrift mit den vorgenannten international Abkommen vereinbar, da auf ihrer Grundlage eine „angemesse Entschädigung“ zugesprochen werden könne (Cass. avis, 17 juillet 2019 , avis n° 19-70010 PBRI et n° 19-70011 PBRI). Ob damit bereits der Widerstand der Arbeitsgerichte gebrochen ist, bleibt allerdings offen, denn die Stellungnahme des Kassationsgerichtshofes ist rechtlich nicht bindend. In der Praxis sind die Erfolge der Regelung jedenfalls bereits deutlich sichtbar. Da nunmehr berechnet werden kann, wie hoch die Schadensersatzforderung im Kündigungsfall ausfällt, werden weitaus mehr Steitigkeiten über Vergleiche beigelegt.

DL (Rechtsanwalt Frankreich Strasburg)